Heilen ohne Medikamente und Instrumente – das versucht die Osteopathie.

Der menschliche Organismus bildet eine Einheit: Alle Gewebe im Körper sind in Bewegung und im Idealfall harmonisch miteinander verbunden. Diese lebensnotwendige Mobilität und Harmonie zu bewahren oder wiederherzustellen ist das Ziel der Osteopathie.

Osteopathie ist keine Glaubensfrage, sondern eine auf fundierten wissenschaftlichen Erkenntnissen aufbauende Behandlungsmethode, die eine genaue Kenntnis der Anatomie, Physiologie und Biochemie voraussetzt.

In den USA, Canada, Großbritannien und Frankreich wird die Osteopathie schon seit langem erfolgreich angewendet.

Die Grundlagen

der Osteopathie

Geschichtliches
Geschichte

Die Geschichte der Osteopathie begann vor rund 130 Jahren, als der amerikanische Arzt Dr. Andrew Taylor Still (1828 – 1917) erkannte, dass das Wissen der damaligen Schulmedizin und ihre Heilungserfolge mehr als mangelhaft waren. Hilflos hatte er mit ansehen müssen, wie vier seiner Kinder und seine erste Frau an Infektionskrankheiten starben. Er suchte nach neuen Wegen der Diagnose und Behandlung von Krankheiten – ohne Medikamente oder Hinzunahme von chirurgischen Verfahren.

Er verbrachte Jahre damit, eine eigene Wissenschaft zu entwickeln, um durch geübte Diagnose mit den Händen und mit Hilfe von Behandlungen von Geweben die Beweglichkeit und Funktion der Körperstrukturen wiederherzustellen. Still war davon überzeugt, dass es körpereigene Selbstheilungskräfte gibt, die viele Störungen unbemerkt regulieren. Gelingt dies dem Körper nicht mehr, genügt oft ein kleiner Reiz von außen z. B. mit einer osteopathischen Technik, um die körpereigene Regulation wieder in Gang zu bringen.

Andrew Still selbst bezeichnete den 22. Juli 1874 als die „Geburtsstunde der Osteopathie“, nachdem er bereits jahrelang bei der Diagnose und Behandlung die osteopathischen Verfahren anwandte, wie sie bis heute gelehrt werden. Dabei behandelte er die jeweilige Erkrankung (griechisch: pathos = das Leiden) stets über den Weg des Bewegungsapparates und des Knochengerüstes (griechisch: osteon = Knochen) und kombinierte beide Wörter zu „Osteopathie“. Auch in der Schulmedizin existiert dieser Begriff. Er hat hier jedoch eine ganz andere Bedeutung und fasst alle möglichen Knochenerkrankungen zusammen. Die osteopathische Medizin ist eine Wissenschaft, eine Kunst und eine Philosophie der Gesundheitspflege. Sie stützt sich auf die sich immer weiter entwickelnden wissenschaftlichen Kenntnisse.

„Ein Arzt sollte sich damit beschäftigen, Gesundheit zu finden. Krankheit kann jeder finden.“
Andrew Taylor Still

Die funktionalen Zusammenhänge

Die Osteopathie betrachtet nicht nur den Bewegungsapparat, sondern darüber hinaus auch die funktionellen Zusammenhänge mit den Organen, sowie dem Gefäß- und Nervensystem. Im Gegensatz zur traditionellen, so genannten Schulmedizin, welche sich primär auf die Symptombehandlung konzentriert, ist die Osteopathie bemüht, die Ursache eines Leidens festzustellen und zu behandeln.
Sehr häufig stellt man dabei fest, dass die Stelle, an der ein für den Patienten spürbares Problem auftritt, nicht mit dem Ursprung des Leidens identisch ist. Vielmehr ist dies häufig das letzte Glied in einer ganzen Kette von Veränderungen, wobei der Auslöser subjektiv völlig beschwerdefrei sein kann.

Wie verläuft die Osteopathie-Behandlung?
Ablauf

Bei der Osteopathie handelt es sich um eine manuelle Therapie auf neurophysiologischer Basis. Das heißt: Osteopathie ist „Handarbeit“. Der Therapeut arbeitet also nicht mit Geräten, sondern setzt – ähnlich wie in der Chirotherapie – zur Beseitigung von Energie- und Muskelblockaden, von Wirbelverschiebungen und zur Stimulierung des Nervensystems verschiedene Behandlungsgriffe ein.

Wichtig ist hierbei, dass es sich dabei um sanfte Techniken handelt. Nach einer exakten Voreinstellung des Gelenkes wird nur ein minimaler Impuls benötigt, der mit hoher Geschwindigkeit ausgeführt wird. Im Gegensatz zu vielen chirotherapeutischen Techniken ist dadurch die Verletzungsgefahr extrem minimiert!

Drei verschiedene Anwengungsbereiche
Die Bewegung der Schädelknochen aus der Sicht der Osteopathie
Die Bewegung der Schädelknochen aus der Sicht der Osteopathie

1. Die strukturelle Osteopathie
ist am ehesten mit der so genannten „Manuellen Medizin“, welche auch die Chiropraktik bzw. Chirotherapie einschließt, vergleichbar. Störungen des Bewegungsapparates, wie Gelenkblockierungen u.a., werden durch sanfte Techniken gelöst, Verspannungen gelockert.

2. Die viszerale Osteopathie
ist für die Behandlung von inneren Organen, (Blut-) Gefäßen und einem Teil des Nervensystems zuständig. Dieser Bereich der Osteopathie gewinnt wegen der Beziehungen der Organe zum Bewegungsapparat immer mehr an Bedeutung.

3. Die cranio-sacrale Therapie
arbeitet mit dem so genannten cranio-sacralen Rhythmus. Dies ist ein subtiler, am ganzen Körper spürbarer Rhythmus, wahrscheinlich ausgelöst durch die ständige Produktion und Resorption von Gehirnflüssigkeit. Zwischen diesem craniosacralen System und dem ganzen Körper besteht eine enge wechselseitige Beziehungen. Störungen in dem einen System können sich auf das andere übertragen, und umgekehrt. Durch die Cranio-Sacrale Therapie können solche Störungen ertastet und durch meist sehr sanften Druck auf den Schädel oder bestimmte Körperregionen normalisiert werden.


Welche Therapievariante im Einzelfall gewählt wird, hängt vom individuellen Beschwerdebild und der Krankengeschichte des Patienten ab. Oft werden während der Behandlung auch alle drei Therapieformen eingesetzt.

Therapieverlauf

Der Therapeut führt vor Beginn der Therapie ein ausführliches Anamnesegespräch, um die Entstehungsgeschichte der Beschwerden zu klären. Im Anschluss an die Anamnese erfolgt dann eine eingehende körperliche Untersuchung, bei der die verspannten und blockierten Regionen lokalisiert werden. Je nach Art der Beschwerden wird das Gewebe an den betroffenen Stellen zunächst durch bestimmte Techniken entspannt. Zur Wiederherstellung der Bewegungsfähigkeit der Gelenke werden anschließend mobilisierende oder impulsgebende Spezialhandgriffe eingesetzt. Durch diese manuelle Unterstützung wird es dem Körper möglich gemacht, sich selbst auf natürliche Weise ins Gleichgewicht zu bringen und sich selbst zu heilen.

Hier ist der Patient aufgefordert, gemeinsam mit dem Osteopathen an der Beseitigung der Einschränkungen zu arbeiten und sich über den Zusammenhang zwischen Organismus und Psyche als eine Einheit bewusst zu werden. In den meisten Fällen spürt der Patient schon während oder kurz nach der Behandlung, die zwischen 50 und 60 Minuten dauert, eine deutliche Besserung der Beschwerden. Wie viele Sitzungen im Einzelfall notwendig sind, hängt von der jeweiligen Diagnose ab. Oft erreicht man aber bereits mit drei bis vier Therapiesitzungen das Behandlungsziel. Als Kontrolle und Nachbehandlung empfiehlt sich ein bis zweimal im Halbjahr eine Behandlung.

Was kann behandelt werden?

Allgemein gilt: Jedes lebende Gewebe kann osteopathisch behandelt werden. Dazu gehören zum Beispiel Verspannungen oder Verletzungen des Skeletts und der dazugehörigen Muskeln und Bänder, Bandscheibenvorfall, Hexenschuss, Folgen von Unfallverletzungen und Kiefergelenksprobleme.

Strukturelle Osteopathie
Strukturelle Osteopathie

Anwendungsgebiete:

  • Schmerzen im Bewegungsapparat
  • Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule
  • Schmerzen der Wirbelsäule
  • Nackenverspannungen
  • Schulter-Armsyndrom
  • Haltungsschäden der Hüften und der Wirbelsäule
  • Schmerzen in den Gelenken
  • Nachbehandlung von Brüchen, Operationsnarben oder Unfallfolgen
 
Cranio-sacrale Osteopathie

Anwendungsgebiete:

  • Migräne
  • akute und chronische Schmerzen
  • Schleudertraumata
  • rheumatische Erkrankungen
  • Tinnitus
  • Schwindelanfälle
  • Depressionen und Stimmungsschwankungen
  • Stress und Prüfungsangst
  • Hormonstörungen
  • Bluthochdruck
  • Nachsorge bei Schlaganfall
Viszerale Osteopathie

Anwendungsgebiete:

  • chronische Verdauungsbeschwerden
  • Erkrankungen des Magens
  • Leber- oder Gallenprobleme
  • chronische Blasenentzündung
  • Inkontinenz
  • prämenstruelle Beschwerden
  • Nierenerkrankungen
  • Lungenleiden
  • Allergien
  • chronische Müdigkeit
  • Nachsorge nach Operationen
Auch für Säuglinge und Kleinkinder geeignet
Kinder und Säuglinge

Säuglinge und Kinder mit Problemen, die auf Traumata bei der Geburt oder später zurückgehen, zählen zu den typischen Patienten für die Osteopathie. Kinderbehandlungen innerhalb der Osteopathie sind wichtig und auch sinnvoll, weil sich hier die Möglichkeit bietet, auch prophylaktisch mit den Kindern zu arbeiten. Die möglichen Indikationen sind vielfältig:

bei Neugeborenen:

  • Schreikinder/ Spuckkinder
  • Schädeldeformationen
  • Vorzugshaltungen
  • Asymmetrien in der Motorik

bei älteren Kindern:

  • Zahnfehlstellungen
  • Konzentrationsstörungen im Kindergarten oder Schule
  • WS-Verkrümmungen (Skoliosen)
  • Probleme in der Feinmotorik
  • Sprachprobleme
  • häufige Mittelohr- oder Nasennebenhöhlenentzündungen
  • “Zappelkinder” oder besonders ängstliche Kinder

 

Grenzen der Osteopathie

Die Osteopathie hat da ihre Grenzen, wo die Selbstheilungskräfte des Körpers nicht ausreichen. Die Osteopathie ist keine Notfallmedizin, kann also bei einem Herzinfarkt oder einem Schlaganfall nicht lebensrettend eingreifen. Offene Wunden, Brüche, Verbrennungen und andere Verletzungen müssen auch immer erst von einem Arzt behandelt werden. Ebenso gehören psychische Erkrankungen wie Depressionen nicht in die Hand eines Osteopathen. Bei vielen der hier genannten Beschwerden kann sich aber eine osteopathische Behandlung als Begleittherapie anbieten. So kann sich zum Beispiel der sanfte Hautkontakt bei Depressionen durchaus positiv auswirken.